Digitale Konzert-Matineen

Sonntagsmusik

Ab 18. April: Jeden Sonntag - ab 11 Uhr - ein neuer Videoclip
Am 18. April startet die Reihe der Sonntagsmusik des Philharmonischen Orchesters Würzburg. Ein buntes Programm mit kammermusikalisch besetzten Werken wurden im historischen Toscanasaal der Residenz Würzburg eingespielt. Wie in den guten alten Zeiten, als man Sonntag morgens zu den Kammerkonzertmatineen ging, wartet in den nächsten Wochen jeden Sonntag ab 11:00 Uhr an dieser Stelle ein neuer Clip mit etwas digitaler Konzertluft. Laden Sie das Philharmonische Orchester auf Ihr heimisches Sofa ein oder nehmen Sie die Musikerinnen und Musiker mit auf einen Spaziergang in die Weinberge.

Zwischen barocken Klängen und spätromantischer Klangsprache präsentieren die Musikerinnen und Musiker ein breitgefächertes Konzertprogramm zwischen Giovanni Bottesini und Ludwig van Beethoven, zwischen Joseph Haydn und George Onslow, zwischen Franz Schubert und Frank Bridge.

George Onslow - Streichquintett Nr. 29 in Es-Dur op.73

Sonntagsmusik #7 | 30. Mai 2021
2. Satz Larghetto doloroso
Einführungstext: Wer war Onslow?
Fernab den omnipräsenten Klassik-Großmeistern à la Mozart, Beethoven und Co. finden sich in der Musikgeschichte einige Tonsetzer, die das Schicksal des Vergessens ereilte. Einer jener ist der Komponist George Onslow.
Geboren am 27. Juli 1784 in Clermont-Ferrand wuchs Onslow als Sohn einer englischen Adelsfamilie in die Auvergne auf und genoss eine vielfältige Bildung, die unter anderem Klavierunterricht beinhaltete. Die Leidenschaft für die Musik führte den jungen Adeligen zunächst zum Studium nach London. Später erhielt er Kompositionsunterricht bei Anton Reicha in Paris.

Während man sich in Frankreich neben der Großen Oper und Sinfonik gelegentlich für leichte Instrumentalstücke oder Potpourris interessierte, fand George Onslow vornehmlich seine Inspiration bei den Meistern der Wiener Klassik. Stilistisch wie auch formal zeigen sich deutliche Bezüge zur Klangsprache Ludwig van Beethovens.

Besonderes Augenmerk verdient der harmonische Reichtum seiner Tonschöpfungen. Mit schlafwandlerischer Sicherheit beherrscht Onslow alle Register der Kunst der Harmonielehre und verleiht seinen Werken anhand harmonischer Verläufe Struktur, Kraft, Individualität und Einheit. Außergewöhnlich ist hierbei weniger die Neuartigkeit der musikalischen Sprache, sondern in erster Linie die Kunstfertigkeit im Umgang mit den Regeln der tonalen Grammatik.

In der Tat konnte er mit diesem Weg die Kritiker überzeugen. Von den französischen Rezensenten wurde Onslow als „unser französischer Beethoven" gefeiert, während die deutsche Musikkritik ihn als Komponisten „deutscher Schule" für sich vereinnahmte. 1830 wurde ihm zudem die Ehrenmitgliedschaft der Londoner Philharmonic Society verliehen - eine Auszeichnung, die seinem berühmten Kollegen Hector Berlioz erst 20 Jahre später zu Teil wurde.

Onslows Personalstil verband französischen Charme und Esprit mit der Musiksprache der Wiener Klassik. In seinem reichen Œuvre finden sich neben Sinfonien und Opern zahlreiche kammermusikalische Werke. Das 1849 entstandene Streichquintett op. 73 ist ein klassischer Onslow: reich an harmonischer Couleur, chromatischen Wendungen und melancholisch-dramatischem Ausdruck.

Charles Marx-Marcus - Noturno religioso op. 24 &
Wilhelm Fitzenhagen - Ave Maria op. 41

Sonntagsmusik #6 | 23. Mai 2021
Einführungstext: „Versteckte Schätze“
Etwa 300 km nördlich von Würzburg, auf halber Strecke zwischen Kassel und Hannover liegt Seesen. Die Stadt brachte einige für die Musikgeschichte durchaus bedeutende Persönlichkeiten hervor. Allen voran ist Heinrich Engelhart Steinweg (Henry E. Steinway) zu nennen, der 1837 hier sein erstes Klavier baute und späterhin die weltbekannte Klaviermarke Steinway and Sons gründete. Mitte des 19. Jahrhunderts beherbergte die Stadt bereits knapp 10.000 Einwohner und erfreute sich einer lebhaften Musikpflege, die es notwendig machte, dass ein hauptberuflicher Musikdirektor die verschiedenen Aktivitäten koordinierte. Diesen Posten begleitete unter anderem Wilhelm Karl Friedrich Fitzenhagens Vater. Dieser erkannte das große Talent seines Sohns und förderte diesen seit seinem 5. Lebensjahr mit entsprechendem Unterricht – zunächst Klavier, dann Violoncello und Violine sowie verschiedene Blasinstrumente erlernte der Knabe seit Kindesbeinen. So nimmt es nicht Wunder, dass Wilhelm Fitzenhagen bereits im Alter von 20 Jahren Mitglied der sächsischen Hofkapelle wurde und zu einer beachtlichen Solistenlaufbahn abhob. Zusehends wurde man auf den jungen Instrumentalisten aufmerksam. 1870 war sein großes Jahr: Er erhielt zwei lebensverändernde Karrierechancen: Franz Liszt warb für die Kapelle in Weimar. Nikolai Rubinstein lud den jungen Mann ein, den Posten des Ersten Cellisten und Leiters des Cellounterrichts am Kaiserlichen Konservatoriums in Moskau anzutreten. Frisch verheiratet und mit einer mehr als spannenden Zukunftsperspektive reiste der junge Fitzenhagen also nach Russland. Die Entscheidung erwies sich als goldrichtig. Eine erfüllende berufliche Entwicklung und ein inspirierender Freundeskreis warteten hier.

Zu seinem engen Freundes zählte unter anderem Peter Tschaikowski, der mit den Variationen über ein Rokokothema op. 33 sein erstes Cellokonzertstück für Fitzenhagen zu Papier brachte. Doch dieser war nicht nur ein glänzender Musiker und begnadeter Pädagoge; er komponierte selbst eigene Werke. Über 60 Werke, darunter Cellokonzerte, Suiten für Cello und Orchester oder Kammermusik bilden sein Œuvre.

Eine ähnliche, wenngleich nicht so prominente Laufbahn schlug auch der Cellist Charles Marx-Markus ein. Der am 17. Dezember 1820 in Grimm bei Leipzig geborene Musiker wurde ebenso wie Fitzenhagen im Alter von 20 Jahren ins Gewandhausorchester berufen. Auch sein Lebensweg führte ihn schließlich nach Russland, wo er seit 1856 im St. Petersburger Opernorchester spielte. 1873 wurde er zum Professor ernannt und begleitete diese Stelle bis zu seinem Tod 1901.

Wie Fitzenhagen wusste auch Marx-Markus nur zu gut um die Vorzüge seines Instruments und verstand es, dieses Wissen bei der Anlage seiner Werke entsprechend anzuwenden. Ein klingendes Zeugnis dieses Vermögens sind die beiden versteckten Schätze der Celloliteratur: Wilhelm Fitzenhagens Ave Maria op. 41 und Charles Marx-Markus‘ Noturno religioso op. 24.

Ludwig van Beethoven - Serenade in D-Dur op. 25

Sonntagsmusik #5 | 16. Mai 2021
Einführungstext: Ein klassischer Beethoven
Die Serenade op. 25 ist in mancherlei Hinsicht ein Beethoven par excellence: Die Rhythmik kraftvoll; die Melodiegestaltung prägnant; die motivisch-thematische Arbeit klar strukturiert; die Dynamik kontrastreich. Und dennoch ist dieses Kammermusikwerk teilweise ein Buch mit sieben Siegeln. Wann wurde das Trio komponiert? Entstand es noch in Bonn oder schon in Wien? Gab es einen Kompositionsauftrag, der etwa diese außergewöhnliche Besetzung vorsah? Stand ein bestimmtes Ensemble hinter dem Auftrag? Oder ist dieses Opus als ein klingendes Experimentierfeld Beethovens zu verstehen? Fragen über Fragen!

Serenade oder Divertimento – diese Bezeichnungen standen Ende des 18. Jahrhunderts für eine ähnliche Musikrichtung: unterhaltsame, leicht fassliche und abwechslungsreiche Ständchen. Typisch für das Genre ist die Vielzahl an Sätzen. Doch ist es vorstellbar, dass ein Tonsetzer à la Ludwig van Beethoven wirklich ein lässiges oder auch nur ansatzweise einfaches Ständchen schreibt?


Etwa 20 Minuten Musik, die eine kompositorische Spannweite zwischen dem jungen Beethoven und dem etablierten Komponisten Beethoven zeigt, bietet die Serenade op. 25. Im klassischen Zuschnitt dieser Gattung ist Beethovens Werk sechssätzig. Schnelle Ecksätze rahmen langsame Abschnitte und Menuette – beim Wiener Meister zwei scherzoartige Sätze – ein. Die Musik changiert zwischen leichtgängig-charmant und hoch virtuos-komplex, ein klassischer Beethoven eben.

Veröffentlicht wurde die Serenade im Jahr 1802. Konsens besteht darüber, dass die Entstehung einiger Abschnitte in die unmittelbare Zeit vor der Publikation fällt. Vermutlich aber reicht die Anlage des Trios für Flöte, Violine und Viola zurück in Beethovens Bonner Zeit. Die Frage, was ihn veranlasste, ein Werk in dieser Besetzung zu schreiben, bleibt ungelöst. Die Verbindung dieser drei Instrumente zu einem Ensemble stellt den Komponisten vor gewisse Herausforderungen, denn es fehlt an einem vollwertigen Bassinstrument. Diese Klangcouleur aus Flöte, Violine und Bratsche reizte gut 100 Jahre einen anderen Wiener Meister: Max Reger, der mit seinen Serenaden op. 77a und 141a zwei Werke in gleicher Besetzung zu Papier brachte.
Beethovens Verlag sah 1802 größtes Potential in diesem nur vermeintlich lässigen Ständchen und brachte wenige Monate nach der originalen Version eine Fassung für Violine oder Flöte mit Klavierbegleitung heraus.

Jean Marie Leclair - Sonate op. 3 Nr. 5 in e-Moll

Sonntagsmusik #4.1 | 9. Mai 2021
Einführungstext: Ohne Begleiterscheinung
Wenn sich zwei Violinen zum Musizieren trafen, so stand in Italien des späten Barock außer Frage, dass diese Form nur als ménage à trois funktionieren könnte, denn in diese Konstellation gehörte immer die Begleitung eines Cembalos. Dabei ist das spontane Konzertieren viel leichter zu realisieren, muss nicht erst ein Cembalo organisiert und gestimmt werden. Während also Komponisten wie Arcangelo Corelli oder Antonio Vivaldi brav einen Generalbass notierten, setzte sich der Pariser Violinvirtuose Jean-Marie Leclair geflissentlich über diese Konvention hinweg und schrieb Duos für zwei Violinen ohne Begleitung.

Elegant vereint Leclair in seiner 1730 publizierten Sammlung aus Sonaten für zwei Violinen op. 3 italienische und französische Elemente. Die Ecksätze seiner e-Moll-Sonate muten daher durchaus italienisch an: Der Kopfsatz, ein charmantes Allegro ma poco, spiegelt den weich singenden, galanten Stil dieser Jahre; das Finale – ein rasantes Presto im Dreiertakt – hätte so auch seinem Komponistenkollegen Antonio Vivaldi alle Ehre gemacht. Französisch elegant wiederum gestaltet Leclair den Mittelsatz, eine Gavotte en Rondeau. Dieses Rondo mit zwei Couplets atmet schreitende Anmut und aparte Leichtigkeit und gibt Hinweise auf eine frühere Profession seines Schöpfers, den Tanz.

Diese fein-kultivierte und mondän-ausgewogene Musiksprache, die Leclair in seiner Musik pflegte, würde nie vermuten lassen, welch ungestümer Charakter sich hier abseits der Komponistenwerkstatt verbarg. Ebenso aufsehenerregend wie sein Leben und Wirken war schließlich auch sein Tod.
In den frühen 1720er Jahren hatte er als Balletttänzer in Lyon seine Laufbahn begonnen. Der Wechsel ans Ballett der Turiner Oper brachte neue Herausforderungen in Form von Kompositionsaufträgen für Zwischenaktmusiken. Doch nicht nur dem Tanz und Komponieren widmete sich Leclair. Seine Leidenschaft galt auch dem Violinspiel, welches er 1723 in Paris geschickt mit seinen Violinsonaten im italienischen Stil einzusetzen wusste. Es war eine kleine Sensation, denn während der Regentschaft des Sonnenkönigs war der „goût italien“ an den Ufern der Seine nachgerade unerwünscht. Als dessen Urenkel Ludwig XV. das Zepter übernahm, brach für die italienische Musik in Paris eine neue Zeit an. Der amtierende König ernannte Leclair zum Geiger in seinem Hoforchester. Mit seinen Violinsonaten und Konzerten hatte dieser für großes Aufsehen gesorgt. Doch sein Erfolg währte nicht lange. Nach dem Ausscheiden aus dem Hoforchester führte sein Weg in die Niederlande. 1743 kehrte Leclair nach Paris zurück und übernahm zunächst die Leitung diverser Privatorchester, bevor er 1746 mit seiner Tragédie lyrique Scylla et Glaucus den Schritt auf die Bühne der Königlichen Oper wagte.

Mysteriös endete sein Leben im Herbst 1764: Am 23. Oktober fand man in seiner Wohnung seine Leiche. Leclair war Opfer eines Gewaltverbrechens geworden, das niemals aufgeklärt wurde. Grund für die Einstellung weiterer Ermittlungen war seine berühmt berüchtigte cholerische Art.

Giovanni Bottesini - Gran Duo Nr. 3

Sonntagsmusik #4.2 | 9. Mai 2021
Einführungstext: Tiefe Saiten – Neue Töne
Er war einer der ersten großen Kontrabassisten der Musikgeschichte: Giovanni Bottesini. Doch der 1821 geborene Italiener kam nur auf Umwegen zu seiner späteren Berufung. Seine musikalische Ausbildung begann im Alter von zehn Jahren durch Carlo Cogliati, der den Jungen im Spiel auf der Violine und Bratsche unterwies. Nach kürzester Zeit wurde das herausragende Talent Bottesinis evident und so war ein Musikstudium die schlüssige Konsequenz. Die einzige Möglichkeit, das teure Studium am Mailänder Konservatorium zu finanzieren, war, ein Stipendium in Anspruch zu nehmen. Diese Beihilfe war jedoch 1835 nur noch für Studienplätze im Fach Fagott oder Kontrabass verfügbar. Der damals vierzehnjährige Knabe fasste eine Entscheidung: Der Kontrabass sollte es sein.

Innerhalb weniger Wochen bereitete er sich auf das Vorspiel für die Klasse des renommierten Kontrabass-Professors Luigi Rossi vor und wurde kurzerhand aufgenommen. Nach vier Jahren Studium waren Bottesinis Fähigkeiten examensreif. Mit dem Preisgeld seines Abschlusses erwarb er einen dreisaitigen Bass des Instrumentenbauers Carlo Antonio Testore, auf dem er sein Leben lang spielte. Doch anstatt als Orchestermusiker in einem Ensemble sein Auskommen zu verdingen, wählte Bottesini eine Karriere, die seinerzeit wie heute eine große Herausforderung darstellt. Er wurde Solist und das höchst erfolgreich. Ab 1840 tourte der junge Musiker als gefeierter Virtuose durch Europa und Amerika. Was Paganini auf der Violine, das war Bottesini auf dem großen Bruder der Geige, dem Kontrabass. Um die Konzerte aber zu einem Spektakel à la Paganini werden zu lassen, war entsprechendes Repertoire nötig. Werke, die neue Facetten des Instruments zeigten, die gleichermaßen virtuos und eingängig, ja geradezu spektakulär waren. Diese Notwendigkeit brachte seine zweite Bravour zum Vorschein: Das Komponieren. Viele Bearbeitungen bekannter Werke und neue Kompositionen brachte der Italiener für seine Auftritte zu Papier. Neben Solo-Stücken und Kontrabasskonzerten mit Orchester schrieb Bottesini auch drei Gran Duos für zwei Spieler, selbstverständlich für zwei Kontrabassisten. Sie gehören bis heute zu seinen beliebtesten Werken. Darüber hinaus hinterließ er 20 Opern und genoss großes Renommee als Dirigent. Auf Wunsch des befreundeten Giuseppe Verdi leitete Giovanni Bottesini 1871 die Aida-Premiere in Kairo.

Franz Schubert - Streichquartett Nr. 13 in a-Moll „Rosamunde“

2. Satz - Andante
Sonntagsmusik #3 | 2. Mai 2021
Einführungstext: Rosamunde 2.0
Turbulenzen

Rosamunde ist Prinzessin von Zypern, wurde aber nach dem Mord an ihren Eltern von einer Witwe incognito als Hirtin aufgezogen. Fulvio, der bis zu Rosamundes Volljährigkeit das Amt des Statthalters innehat, versucht ihre Regentschaft mit allen Mitteln zu vereiteln: durch Intrigen, durch einen Heiratsantrag und mittels eines Giftmordanschlags. Unerwartet steht am Ende dann das Happy End...

Die Premiere war für die Vorweihnachtszeit des Jahres 1823 geplant. Nun musste noch schnell eine Schauspielmusik her und die wurde bei Franz Schubert in Auftrag gegeben. Lediglich drei Wochen hatte der Meister des Kunstliedes Zeit, um insgesamt neun Musiknummern zu Papier zu bringen.

Helmina von Chézys Theaterstück wurde ein patenter Flop: zu viel Hirtenidylle, zu viele Intrigen, dazu Geister und Piraten und schlichtweg zu viele Ungereimtheiten in der Dramaturgie des Stückes missfielen Publikum und Presse gleichermaßen. Die erklärte Gegnerin der im Wien des beginnenden 19. Jahrhunderts populären Spektakelstücke hatte mit ihrer Geschichte vom Hirtenmädchen Rosamunde ein ebensolches, triviales Stück Theater geschaffen. Einzig die Musik wurde gefeiert.

Rosamunde reloaded

Schubert hatte nach seinem ersten Wurf Gefallen an Rosamunde gefunden. Dieses Sujet sollte ihm Pate weiterer kammermusikalischer Werke stehen. 1824 – im gleichen Jahr, in dem auch Beethoven seine späten Quartette in Wien veröffentlichte – setzte sich Schubert an die Arbeit eines neuen Streichquartetts.

Dass es nun ausdrücklich genau diese Gattung sein musste, hatte einen guten Grund: Ignaz Schuppanzigh, ein brillanter Geiger, hatte einige Jahre zuvor das erste professionelle Streichquartett in Wien gegründet. Die künstlerische Qualität des Ensembles sprach für sich und wurde für Komponisten wie Beethoven und Schubert dementsprechend die erste Adresse, wenn es um Uraufführungen anspruchsvoller Werke in Quartettbesetzung ging. Folglich wurde am 14. März 1824 das neue Streichquartett D804 aus der Feder von Franz Schubert bei der Wiener Uraufführung auch von Schuppanzighs Ensemble interpretiert.

Den Beinamen Rosamunde trägt dieses a-Moll Quartett nicht ohne Grund, hatte sich doch Schubert bei der Anlage des zweiten Satzes explizit auf die eingängige Melodie seines Entr‘act zur Schauspielmusik bezogen. Die gleiche Melodie sollte auch für sein Impromtu in B-Dur D935 einige Jahre später das Hauptthema bilden – Recycling im besten Sinn.

Frank Bridge - Two pieces for Viola

Sonntagsmusik #2 | 25. April 2021
Einführungstext: Musik von der Insel
Großbritannien ist ein faszinierendes Land: atemberaubende Küstenlandschaften, sanfte, grüne Hügel, malerische Dörfer, eine echte Königsfamilie und in jedem Dorf wenigstens ein Pub. Die englische Küche erfreut den Gaumen mit Fish and Chips und Cream Tea mit Scones und Marmelade. Man spielt Cricket und Rugby, rote Telefonzellen genießen Kultstatus. Es ist das Land von William Shakespeare, Lord Byron und Jane Austen. Die Beatles, die Rolling Stones, Queen und die Spice Girls sind Schlaglichter britischer Musikkultur.
Und die Klassik?

In der Tat finden sich nach Henry Purcells Tod im Jahr 1695 nur wenige genuin englische Tonschöpfer von Rang und Namen. Ende des 19. Jahrhunderts ändert sich dies schlagartig. Die englische Musiklandschaft scheint plötzlich zu erblühen. Gustav Holst, Edward Elgar, Frederick Delius, Benjamin Britten, Ralph Vaughan Williams und Frank Bridge bringen erstaunliche Werke zu Papier: raffiniert und britisch.

Dreh und Angelpunkt der neuen englischen Musikpflege war das 1882 gegründete Royal College of Music. Hier hatte sich auch Frank Bridge bis 1903 ausbilden lassen. Er plante eine Karriere als Geiger, später als Bratscher in verschiedenen renommierten Kammermusikensembles. Doch er beließ es nicht beim Musizieren, sondern hatte zunehmend auch Erfolg als Orchesterleiter. Seine unglaubliche Auffassungsgabe machte ihn zum beliebten Gastdirigenten. Daneben musste Bridge ein sehr guter Lehrer gewesen sein. Er unterrichtete zwar nicht regelmäßig, doch sein bekanntester Kompositionsschüler Benjamin Britten verdankte ihm – nach eigenen Angaben – sehr viel. Seine Wertschätzung mündete 1937 schließlich in seinen „Variations on a Theme of Frank Bridge“. Dieses Werk für Streichorchester gereichte nicht nur Britten zu Anerkennung, sondern belebte auch das Renommee seines namentlich erwähnten Lehrers Bridge.

Neben dem aktiven Musizieren, dem Dirigieren und seiner Lehrtätigkeit war Frank Bridge zudem ein erfolgreicher Komponist. 1906 schuf er sein erstes Streichquartett, das ihm beim Bologna-Wettbewerb den ersten Preis einbrachte. Seine Tonsprache zu Beginn seiner Komponistenkarriere zeigt seine Orientierung an der Klangsprache des frühen Arnold Schönberg, an Alexander Zemlinsky, Claude Debussy oder auch Edward Elgar. Die ersten Schritte als Komponist machte Bridge in einem ihm bekannten Territorium: in der Kammermusik. So entstanden 1908 etwa auch die Two Pieces for Viola.
Pensiero und Allegro appassionato spiegeln zwei wichtige Pole seines Personalstils wider: Der Kopfsatz, ein in elegischer Stimmung gehaltener musikalischer Gedanke, ist charakterisiert durch die Verbindung fragmentarisch wirkender Abschnitte und Phrasen. Hier zeigt sich Bridges besondere Kunst, harmonische Elemente und melodische Kontrapunkte zu einer Einheit zu verschmelzen.
Das Allegro appassionato in b-Moll bildet hierzu einen energiegeladenen Kontrast. Die Mehrdeutigkeit der tonalen Struktur verleiht der leidenschaftlichen Bratschen-Kantilene seine außergewöhnliche Faszination. Als brillanter Bratschist wusste Bridge nur zu genau, welche virtuosen Passagen er seinem Instrument abverlangen konnte und schuf in diesem etwa 8-minütigen Bravourstück für Viola und Klavier ein Feuerwerk an Esprit und virtuoser Strahlkraft.

Joseph Haydn - Trompetenkonzert in Es-Dur

Sonntagsmusik #1 | 18. April 2021
Einführungstext: Hochzeit mit Folgen
Das Jahr 1796 hielt einiges im Leben Joseph Haydns bereit. Die Arbeit an seiner Paukenmesse und dem Oratorium Die Schöpfung bündelte die kreativen Energien des 64-jährigen Komponisten. Da kam ihm die Zerstreuung, die die Hochzeit der Tochter des befreundeten Hoftrompeters Anton Weidinger mit sich brachte, sehr gelegen. Während der Feier kamen der Brautvater Weidinger und der Trauzeuge Haydn ins Gespräch. Weidinger hatte seit einigen Jahren an einer neuen Trompete getüftelt, die mittels Klappentechnik die leidige Klangproblematik der Naturtrompete quasi im Handstreich löste. Intonationsschwierigkeiten und das eingeschränkte Spektrum der Naturtöne gehörten der Vergangenheit an. Nun fehlte lediglich ein Werk, das die Vorzüge dieses neuen Instruments adäquat ins rechte Licht rückte. Haydn war von Weidingers bahnbrechender Invention höchst angetan und so brachte er binnen kürzester Zeit die Partitur zu einem Trompetenkonzert zu Papier.

Am 22. März 1800 annoncierte nun die Wiener Zeitung endlich die Einladung zum Konzert, in dem das kulturbegeisterte Publikum das Werk für die neue, „organisierte Trompete mit Klappen“ erwarten durfte. Haydn gestaltete einen zunächst klassisch gehaltenen Einstieg in das Werk: Der erste Satz in festlichem Es-Dur folgt hierbei der monothematisch angelegten Sonatenform, die der Tradition entsprechend mit einer Orchesterexposition (in der Sonntagsmusik ein stimmungsvolles Klaviervorspiel) eingeleitet wird. Spätestens das erste Solo der Trompete musste die Zuhörerschaft dieser Jahre in Staunen versetzt haben. Noch nie hatte man gehört, wie eine Trompetenstimme sich in einer Tonleiter aus Sechzehntelnoten bis zum hohen G emporschwang und dann in einem Dreiklang wieder nach unten geführt wurde, um auf einem klingenden As zu landen - einem bis dato unspielbaren Ton. Ebenso schlichtweg unmöglich war es bisher gewesen, mit dem Instrument chromatische Durchgänge zu spielen. Doch in diesem letzten Solokonzert aus Haydns Feder bot sich eine Spielwiese, um in differenzierter Brillanz und Virtuosität geradezu zu schwelgen. Im As-Dur Andante kommen die chromatischen Möglichkeiten des neuen Instruments naturgemäß am besten zur Geltung. Haydn versäumt in dieser lyrischen Siciliano im 6/8tel Takt nicht, Melodiegestaltung und Harmonienfolge subtil an den Kopfsatz anzuschließen. Auch die Einleitung des Finales stellt Querverbindungen zum ersten Satz her und betont mit seinen strahlenden Fanfaren die klanglichen Vorzüge der Klappentrompete auf das Beste.

Der Klappentrompete mit ihrem weichen und unausgeglichenen Klang bei geöffneten und geschlossenen Klappen fehlte allerdings der strahlende Trompetenton. Der Schallaustritt erfolgte über das offene Tonloch und der Schalltrichter wirkte nur noch teilweise auf den Klang. Heinrich Stoelzel und Friedrich Blühmel konstruierten eigenständig um 1815 zunächst für das Horn einen Ventilmechanismus und übertrugen diese Erfindung auf die Trompete. Durch Betätigung der Ventile konnte der Luftweg verlängert oder verkürzt werden. Die Tonhöhe ließ sich damit um einen halben, einen Ganzton oder um eineinhalb Töne senken. Diese bahnbrechende Erfindung im Trompetenbau hat sich bis heute gehalten. War die damalige Stimmung in F und G, so findet man die heutige B-Trompete schon um 1828.
Ausschnitte aus Haynds Trompetenkonzert in Es-Dur, aus Schuberts Streichquartett oder Beethovens Serenade in D-Dur op. 25 stehen ebenso auf dem Programm wie selten aufgeführte Kostbarkeiten. Kennen Sie Onslows Streichquintett, Bottesinis Gran Duo oder Leclairs Sonate op. 3? Höchste Zeit, diese Komponistenpersönlichkeiten und ihre fabelhaften Werke kennenzulernen. Anklicken, anhören und entspannen. Nach und nach wird das digitale Repertoire erweitert, bis wir wieder live für Sie spielen werden.
Wir bedanken uns herzlich für die Unterstützung des Instituts für Musikforschung der Universität Würzburg und hier im Besonderen des Lehrstuhlinhabers Prof. Dr. Ulrich Konrad.