Konzert

Endlich Musik

Olga Scheps beim Sinfoniekonzert-Auftakt
Neugier, Aufregung und Vorfreude
Am 14. und 15. Oktober eröffnet das Philharmonische Orchester Würzburg unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Enrico Calesso die Sinfoniekonzertsaison 21/22. Als Solistin des Abends wird Pianistin Olga Scheps mit Beethovens viertem Klavierkonzert zu Gast sein. Nach so langer Ruhe im Konzertsaal wird es nun Zeit, dass die Ohren nicht mehr nur als Halterung für Masken dienen, sondern wieder Musik hören.

Die Konzerte des Philharmonischen Orchesters als Dramaturgin mitzugestalten, ist seit der Spielzeit 2008 meine Arbeit. Doch es ist wesentlich mehr als nur ein Beruf, vielmehr ist es meine große Leidenschaft. Nach Textredaktion, Organisation, Probenbetreuung und dem obligatorischen Kauf der Blumen, die am Ende der Aufführung dem Solisten und Dirigenten überreicht werden, war-tet donnerstags in der Sinfoniekonzertwoche die Kür. Die letzten Minuten vor der Konzerteinführung im Kleinen Saal sind geprägt von Neugier, Aufregung und Vorfreude. Das alles entlädt sich wie ein Gewitter mit der herzlichen Begrüßung, dem Ankündigen des Konzertprogramms, dem Vorstellen des künstlerischen Teams und dann folgen natürlich alle wichtigen Informationen zu den kompositorischen Hintergründen. Nicht, dass ich auch nur eine Minute zweifeln würde, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer im Saal nicht längst in Kenntnis sind, was sie gleich beim Konzert erwartet. Viele derer, die den Vortrag hören, sitzen bereits seit Minuten im Raum und blättern im Programmheft.

Nach langem Stillstand endlich wieder Konzerte
Über die Jahre gibt es viele bekannte Gesichter, die regelmäßig ins Konzert kommen, die manchmal beide Konzertabende besuchen und auch ein zweites Mal die Einführung hören. Da ist etwa ein Rentnerehepaar aus dem Taubertal, das seit Jahren seine Reisen in Abstimmung mit unseren Konzerten plant. Nach dem zweiten Sinfoniekonzert verlassen die beiden zumeist die Heimat und kehren pünktlich zu unserem Konzert zum Jahreswechsel zurück. Oder ein anderes Paar, das immer freitags zu Gast ist: Beide stilsicher elegant in Trachtengewand gekleidet. Ich darf gestehen, dass ein langer Blick über das edle Gewand der Dame obligatorisch ist. Unbezahlbar sind auch all jene kurzen Wortwechsel, die etwa in der Pause die Zugabe des Solisten nachfragen oder meine Schuhwahl würdigen. Es ist genau diese Vertrautheit, das Gefühl von Wohlwollen, die die Sinfoniekonzerte des Philharmonischen Orchesters neben dem Musikgenuss so besonders machen. Und dann kam die Pandemie und all jenes, was so selbstverständlich schien – das Proben, das gespannte Warten vor dem Konzertbeginn, die Gespräche in der Pause, der Ausklang nach dem Konzert – all jenes war Vergangenheit und nachgerade unmöglich. Keiner hatte Erfahrung mit einem solchen Zustand. Die Kultur war lahmgelegt.
Und nun darf es wieder losgehen. Am 14. und 15. Oktober startet die Sinfoniekonzertsaison 21/22 und das mit einem gehörigen Paukenschlag. Wie man nach so langer Zeit der Entbehrung, des Wartens und der Vorfreude ein Auftaktkonzert gestalten würde, brachte natürlich einiges an Kopfzerbrechen mit sich: Einerseits hieß es, einen außerordentlichen Künstler für das Konzert in Würzburg zu gewinnen. Andererseits sollte auch die Programmatik des Abends ein Zeichen setzen.
Mensch und Musik bilden eine Einheit.
Die Bildung, das Werden des Menschen,
ist untrennbar mit Musik verbunden.
Wie konsequent der Gedankenkreis Mensch und Musik eine Einheit bildet; wie intensiv und untrennbar die Bildung, das Werden des Menschen mit Musik verbunden ist, thematisiert dieses Konzert. Ausgangspunkt des Konzertprogramms sind zwei Kernmythen der Musik: die Geschichte Orfeos sowie die seines Vaters Apollon. Eröffnet wird der Abend durch die Ouvertüre zu Christoph Willibald Glucks Opernerfolg Orfeo ed Euridice aus dem Jahr 1762. Die Umsetzung der zwei Protagonisten in einem männlichen und einem weiblichen Themenkreis entfaltet bereits in der Ouvertüre jenes gegensätzliche Prinzip, welches die gesamte Oper durchzieht. Die Ballettsuite "Apollon musagète" aus den 1920er Jahren thematisiert die familiäre Vorgeschichte. Igor Strawinsky beschreibt die Begegnung zwischen Apollon und den Musen der Poesie, der Hymnendichtung und des Tanzes in einer gleichermaßen packenden wie sinnlichen Musik. Im zweiten Teil des Konzertabends erklingt das vierte Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven.
Ausnahmekünstlerin Olga Scheps zu Gast in Würzburg
Olga Scheps steht für pianistische Brillanz,
die große virtuose Geste und ein sensationelles Gespür für die feinen Zwischentöne.
Olga Scheps | Foto: Uwe Arens 
Um die Überlegungen zu dieser philosophisch motivierten Programmgestaltung zum Klingen zu bringen, muss diese Tiefe auch durch das Musizieren getragen werden. Dessen nimmt sich Generalmusikdirektor Enrico Calesso mit Freude an. Als Solistin für Beethovens Konzert steht ihm die Ausnahmekünstlerin Olga Scheps zur Seite. Einst von Alfred Brendel entdeckt, steht ihr Name heute für pianistische Brillanz, die große Virtuose Geste und ein sensationelles Gespür für die feinen Zwischentöne. Sie konzertiert weltweit in renommierten Häusern wie der Elbphilharmonie, der Berliner und der Kölner Philharmonie, dem Wiener Konzerthaus oder der Tonhalle Zürich. Bei Festivals wie dem Kissinger Sommer, dem Rheingau Musik Festival, dem Heidelberger Frühling, dem Klavier-Festival Ruhr oder dem Schleswig-Holstein Musik Festival ist sie ebenso ein gefragter Gast.
1. SINFONIEKONZERT

MENSCH – MYTHOS – MUSIK
14. & 15.10. | 20:00 Uhr

Konzertsaal der Hochschule für Musik
Einführung 19:30 Uhr im Kleinen Saal