Das Programm der Spielzeit 23/24

Licht ins Dunkel

„Ich kann jeden leeren Raum nehmen und ihn eine nackte Bühne nennen. Ein Mensch geht durch den Raum, während ihm ein anderer zusieht; das ist alles, was zur Theaterhandlung notwendig ist.“ So hat es schon 1969 der Theatermacher Peter Brook beschrieben. Diesen „leeren Raum“ haben wir in Würzburg nun mit dem Kleinen Haus gebaut und werden ihn in der Spielzeit 23/24 endlich eröffnen. Gerade für die Schauspielsparte ist dieser Ort für 330 Zuschauer ein Meilenstein in der Würzburger Geschichte, ermöglicht diese Spielstätte doch, was so lange fehlte: ein Ort, an dem große Klassiker genauso gespielt werden können wie zeitgenössische Dramatik und Unterhaltungsproduktionen im kleineren Maßstab. Für vieles im Schauspiel war das wunderbare Große Haus zu groß, für vieles andere die Kammerspiele zu klein. Die Eröffnung eines vollständig neu gebauten Theatergebäudes kommt selbst in der einzigartigen deutschen Theaterlandschaft mit ca. 130 Ensembletheatern im Repertoirebetrieb nur selten vor, vielleicht fünfmal in einem Jahrzehnt. Für die Künstlerinnen und Künstler vor Ort ist dies also genauso wie fürs Publikum eine „once-in-a-lifetime“-Gelegenheit.

Diese einzigartige Situation versuchen wir sowohl durch unser Programm als auch durch ein deutlich größeres Ensemble als Chance zu nutzen. Zur Eröffnung gibt es einen bislang im Schauspiel in Würzburg ungespielten zeitgenössischen Autor zu sehen, direkt gefolgt vom Familienstück zur Weihnachtszeit für alle Grundschulen und Familien mit Kindern. Danach wollen wir das Potential der neuen Bühne sowohl für Komödien als auch für große Klassiker für alle erfahrbar machen. Ein weiteres Stück für Kinder und Erwachsene gibt uns die Möglichkeit, ganzjährig im Neubau ein Programm für das Publikum von morgen anbieten zu können. Weiterhin wollen wir mit einem Schauspiel-Musical, einer Opern- und einer Tanz-Uraufführung die vielfältigen Möglichkeiten der neuen Bühne entdecken, genauso wie mit zwei Wiederaufnahmen, eine aus dem Großen Haus und eine aus dem Kulturspeicher. Mit diesem Angebot verbinden wir die Hoffnung, dass viele Menschen in Würzburg und Mainfranken bis zum Ende der Spielzeit das neue Kleine Haus aufgesucht haben werden und später davon erzählen können, genauso wie mir schon so viele berührende Geschichten über die Eröffnungsspielzeit von 1966 erzählt worden sind – „once in a lifetime“ eben ...

Darüber hinaus wird dieses Gebäude bis zur Wiedereröffnung des Großen Hauses (voraussichtlich 2026) eine zweite Spielstätte beherbergen: Eine der beiden Probebühnen im Untergeschoss wird zur kleinsten Spielstätte des Theaters mit ca. 130 Sitzplätzen und so zum Ersatz für die Kammerspiele. Die Tanzsparte wird diesen ganz besonderen Ort eröffnen und so von Anfang an in dem Gebäude präsent sein, in dem sich, für alle sichtbar, ihr neues, lichtdurchflutetes und von außen einsehbares Tanzstudio befindet. Es folgen dort Uraufführungen im Schauspiel für angehende Jugendliche und Erwachsene genauso wie eine weitere Komödie zur Weihnachtszeit.
Alle Sparten verbindet der rote Faden, der sich durch die Spielzeit ziehen wird: Licht ins Dunkel. Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen zielt er genau aufs Heute. Gegen gefühlte Wahrheiten, Verschwörungserzählungen ohne rationale Basis, den Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhangs durch die Entstehung von gesellschaftlichen Blasen, die inhaltlich hermetisch abgeriegelt sind. Licht ins Dunkel begleitet als Prinzip schon die Anfänge des deutschsprachigen Theatersystems, das nun dieses kleine Theaterwunder eines Neubaus und einer Sanierung überhaupt ermöglicht hat. Denn der Aufklärung und ihren Ideen verdankt unsere besondere Theaterlandschaft ihre Entstehung und ihre bis heute für unsere Gesellschaft identitätsstiftende Bedeutung.
Obwohl man mit der Aufklärung zunächst das Schauspiel verbindet, wird auch im Musiktheater der rote Faden erkennbar. In Elektra soll ans Licht kommen (und gesühnt werden), was zwar viele wissen, über das aber nicht offen gesprochen wird, in der Lustigen Witwe muss erst viel Licht ins Dunkel gebracht werden (wer wen wirklich liebt), bevor das für einander bestimmte Paar zueinander finden kann. Und Mozarts und Da Pontes Don Giovanni ist vollständig davon bestimmt, das Verhalten Don Giovannis aufzuklären: „Ich geh nicht eher fort, bis die Sache offenliegt“, singt Don Ottavio gleich zu Beginn der Oper. Auch in Leonhard Franks Karl und Anna führt die Rückkehr Richards zur Aufklärung einer Erfindung aus der Not.
Unserer von der Erderwärmung bedrohten Umwelt gilt der Fokus unserer Bildstrecken der Hefte. Das Mainfranken Theater ist u. a. Mitglied im Würzburger Bündnis Klimakultur, und unser Philharmonisches Orchester ist ein „Orchester des Wandels“. Gründe genug, die Variation unserer Fotos und Plakate in dieser Spielzeit konsequent im Zusammenspiel von Natur und künstlerischer Überformung anzusiedeln.

Freuen Sie sich mit uns auf die neue Spielzeit mit einem neuen Gebäude in der Innenstadt und einer runderneuerten Theaterfabrik Blaue Halle: Das Foyer ist einladender gestaltet und um zahlreiche Sitzmöglichkeiten erweitert worden, im Saal verspricht die Tribüne durch das Anheben der Steigung bessere Sicht auf die Bühne.

Ich freue mich auf viele Begegnungen in Ihrem und unserem Theater,
Ihr

Markus Trabusch

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