Singen geschieht mit dem Herzen

Der neue Chordirektor des Mainfranken Theaters stellt sich vor

Paweł Serafin ist seit der Spielzeit 2025/26 Chordirektor des Mainfranken Theaters. Pressereferent Dominik Pesamosca traf ihn zu einem Gespräch über Würzburg, seine Arbeit und seine Pläne mit dem Chor.

Wie waren die ersten Monate für dich in Würzburg? Hast du dich schon eingelebt?

Ein Wechsel des Arbeitsplatzes und Wohnortes bringt natürlich gewisse Herausforderungen mit sich. Ich wurde jedoch sehr herzlich aufgenommen – sowohl von den Mitarbeitern des Theaters als auch von den Nachbarn, aber ganz besonders vom Chor. Ich mag es, mein Herz in das zu legen, was ich tue, und langfristig zu denken. Deshalb hoffe ich, dass Würzburg bald nicht nur ein Ort der Arbeit und der künstlerischen Tätigkeit wird, sondern auch ein Zuhause.

Was ist dein Lieblingsort in Würzburg

Zuhause mit meiner Frau – und den Rest entdecke ich noch.
Würzburg erinnert mich sehr an meine Heimatstadt Poznań, deshalb fühlt es sich für mich schon jetzt sehr vertraut an.

Beschreibe deine Arbeit in drei Worten

Chor, Musik, Menschen.
Offiziell: Chordirektor, Kapellmeister, Dirigent.

Worin bestand der Reiz für dich, Chordirektor in Würzburg zu werden?

Ich wurde unabhängig voneinander von zwei Dirigenten – ehemaligen Chefs, aber auch engen Freunden – überredet. Sie kennen sich nicht, aber beide schickten mir denselben Link zur Ausschreibung mit der Botschaft: „Fahr hin!“
Ich hatte weiterhin Pläne im vorherigen Theater, wo ich als Chordirektor, Schauspielmusikleiter und Gründer eines Amateurchores gearbeitet habe, dem ich viel Herz gewidmet habe.
Dann überzeugte mich natürlich meine Verlobte, heute meine Frau. Und vielleicht war es gerade deshalb, weil ich keine konkreten Erwartungen hatte, dass sowohl der Chor mich so kennenlernen konnte, wie ich im Alltag bin, als auch ich feststellen konnte, dass das Mainfranken Theater ein großartiger Ort mit wunderbaren Menschen ist. Besonders beeindruckt hat mich der Chor selbst – und die Vision dessen, was wir gemeinsam schaffen und erreichen können, denn es sind Menschen, die nicht nur über Fähigkeiten, sondern auch über Leidenschaft verfügen.

Welche Pläne hast du mit dem Chor?

Zunächst möchte ich die bereits begonnene Arbeit fortsetzen und Schritt für Schritt weitere Ebenen der Zusammenarbeit einführen.
Ich würde mich sehr freuen, gemeinsam weitere Stufen nach oben zu erklimmen, denn der Chor hat ein großes Potenzial. Jede Produktion ist ein neu entstehendes Werk – aber auch ein Prozess langfristiger Entwicklung.
Ich hoffe, dass es mir gemeinsam mit der Theaterleitung gelingt, den doch recht kammermusikalischen Chor auf das Niveau eines Opernchores der Staatstheater zu führen, auf den die Menschen der Region stolz sein können.
Ich möchte den Chor aber auch nicht nur innerhalb der Theatermauern sehen – sondern, wenn möglich, Konzerte geben, das Publikum und Amateure einbeziehen und die Zusammenarbeit mit Studierenden in Würzburg und vielleicht auch aus anderen Teilen Europas ausbauen.

Was ist dir am wichtigsten in der Arbeit mit den Chormitgliedern? Worauf freust du dich am meisten?


Ein Chor als Organismus mag keine drastischen Veränderungen, vor allem, wenn er gut funktioniert. Die menschliche Stimme ist ein Instrument, bei dem nicht nur Technik und regelmäßige harte Arbeit eine Rolle spielen, sondern auch die Psyche.
Ich versuche, künstlerische Ziele nicht nur auf gewissenhafte und handwerkliche Weise zu erreichen, sondern auch menschlich, empathisch und inspirierend. Deshalb freue ich mich sehr auf die Sängerinnen und Sänger des Mainfranken Chores.
Ich engagiere mich mit Freude in Opernproduktionen wie Carmen, Traviata oder Fidelio, blicke aber auch mit jugendlicher Freude auf Im weißen Rössl oder Anatevka.
Mit großem Interesse sehe ich der Produktion Vox et Spiritus entgegen, denn der dort enthaltene Stil der Chormusik weckt viele Erinnerungen und Erfahrungen – etwa an die langjährige Zusammenarbeit mit der Europa Chor Akademie (und mit Laeiszhalle und Elbphilharmonie Hamburg) oder mit dem Chor der Universität in Poznań.
Ich würde mich auch freuen, endlich etwas mehr Zeit zu finden, um die Stadt Würzburg genauer kennenzulernen.
© Ksenia Shaushyshvili
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?


Es gibt wenige typische Tage.
Theoretisch: eine Probe am Vormittag und eine am Abend oder eine Vorstellung.
Praktisch kommen noch einige Sitzungen, Dutzende Besprechungen, Hunderte Gespräche und E-Mails dazu – sowie die umfangreiche Eigenarbeit an der Organisation des Chorbetriebs, der inhaltlichen und künstlerischen Vorbereitung, der Leitung oder Supervision der Proben, der Zusammenarbeit mit allen Abteilungen des Hauses, sowie das Dirigieren, auch wenn man es vom Zuschauerraum aus nicht sieht (z. B. im Finale von Carmen).
In der Praxis bereitet sich der Chor oft schon lange vor der Premiere eines Werkes auf das nächste vor, denn er muss das Material nicht nur musikalisch auf hohem Niveau beherrschen, sondern – anders als die Orchestermusiker – komplett auswendig können, dazu mit Regie, Inszenierung, Schauspiel, Bewegung, Kostüm und Choreografie.
Deshalb ist eine langfristige Perspektive und gute Zusammenarbeit aller Abteilungen im Theater, in der Sparte und in der Gruppe so wichtig.

Gibt es noch etwas, das du loswerden möchtest?

Die menschliche Stimme ist das schönste Instrument. Gemeinsames Singen ist etwas Wunderschönes, Einzigartiges, Verbindendes und Gesundes. Darum sollten wir so viel wie möglich singen. Ein Chor – insbesondere ein professioneller – ist ein äußerst wichtiges künstlerisches Vorbild für kommende Generationen. Er ist eine Inspiration für viele junge Menschen, Amateurchöre und Studierende der Musikhochschulen. Ich selbst habe mit sechs Jahren in einem Philharmoniechor angefangen. Ich denke, dass der Chor – trotz der räumlichen Distanz zwischen Bühne und Publikum – dem Zuhörer besonders nahe ist. Ohne Herz kann man nicht schön singen.
Ich freue mich auch, dass es in Würzburg viele gute Chöre gibt. Singen Sie so oft und so viel wie möglich – im Chor, zu Hause – es ist eine wunderbare Form des Ausdrucks.
Ich denke, wenn man irgendwann aufhören würde, zu Hause oder in Chören zu singen, hätten wir in einigen Jahrzehnten niemanden mehr, für den wir in Theatern oder Philharmonien spielen könnten.
Denn gerade Gesang, Phonation und Artikulation sind die dem Menschen nächstliegende und natürlichste Form des künstlerischen Ausdrucks.
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