In der Reihe WER SPRICHT, KRIEGT LICHT kommen Produktionsbeteiligte zu Wort – oder auch nicht.

Choreograf und "Artist in Residence" Kevin O'Day feiert am 3. November mit der Tanzcompagnie Premiere seines ersten abendfüllenden Stückes in Würzburg. Wir sprachen mit ihm über seinen Tanzabend "Es war einmal...", seinem alternativen Plan zur Tanzkarriere und darüber, was er in Würzburg vermisst.
Du bist beruflich nicht nur in Würzburg unterwegs. Ohne was kannst du nicht sein?
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Ich kann nicht sein, ohne zu atmen. Das ist erst einmal die Hauptsache. Aber auch die Verbindung zu meiner kulturellen Heimat, welche Würzburg ist, kommt immer mit.
Was gibt es nur hier in Würzburg?
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Das Mainfranken Theater. Es gibt hier viele Dinge, aber das Mainfranken Theater gibt es nur hier. Und für mich persönlich ist es meine Familie, die es nur hier gibt.
Was vermisst du in Würzburg?
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Da gibt es tatsächlich nichts. Außer vielleicht so etwas wie Sushi in Tokio zu essen. Es gibt zwar Sushi in jeder Stadt, aber das echte Sushi gibt es eben nur in Japan. Was ich definitiv nicht vermisse, sind die großen und hektischen Städte mit zu vielen Menschen.
Was steht hinter dem Titel "Es war einmal…"?
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Was hinter dem Titel steckt, ist die Idee, dass wir alle ein „Es war einmal…“ haben. Jede Person hat sein eigenes „Es war einmal…“, seine eigene Geschichte. Es meint aber auch den Beginn der Menschheit. Und was auch dahinter steckt ist, dass wir einst draußen gelebt haben und „hinein“ geschaut haben, bevor es überhaupt ein „Hinein“ gegeben hat. Das Draußen war quasi unser Drinnen, bevor es ein tatsächliches Drinnen gegeben hat.
Worauf freust du dich am Premierentag am meisten?
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Ich freue mich sehr darauf, das Stück mit dem Publikum zu teilen. Die Arbeit an einem Stück ist immer im Prozess, aber die Tatsache, dass wir das Werk dann teilen, ist ein extrem wichtiger Teil der Vorstellung. Nämlich der Austausch und die Interaktion mit dem Publikum und den Tänzern auf der Bühne. Denn für das Teilen und die Kommunikation machen wir das alles.
Wie kommen dir die Ideen zu deinen Stückthemen?
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Ich denke, Ideen gehören nicht mir, sie sind um uns herum und landen quasi auf deiner Schulter. Sie kommen zu dir, um realisiert zu werden. Sie kommen also von unserer Umwelt. Auch wie wir unsere Premieren und Stücke mit dem roten Faden der Spielzeit, "Familienbande", verknüpfen, diese Ideen stammen ebenfalls aus unserer Umwelt, aus dem Moment. So versuche ich, meine Ideen zu finden. Und auch in Verbindung zu „Familienbande“. Was bedeutet es im Moment und was hat das mit dem Moment zu tun und mit dem, was um mich herum passiert. Und wenn diese Idee nicht genutzt wird, geht sie weiter zu jemand anderem.

Wenn das mit der Tanzkarriere nicht geklappt hätte, hättest du einen Plan B gehabt?
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Die Tanzkarriere war irgendwie bereits der Plan B. Ich hätte auf die Musikhochschule gehen können, doch ich habe mich im letzten Moment dagegen entschieden und mit dem Tanzen angefangen. Eine meiner großen Leidenschaften war schon immer Essen und das Kochen. Ich habe in vielen Küchen gearbeitet, habe viel Catering gemacht und viel von verschiedenen Küchenmeistern gelernt. Das interessiert mich einfach sehr.
Welche Produktion in der vergangenen Spielzeit hat dir besonders viel Spaß gemacht?
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Es gab zwei, eine am Mainfranken Theater selber und eine außerhalb. Mir hat es großen Spaß gemacht, dass alle Sparten bei der Produktion „King Arthur“ zusammengekommen sind, das war umwerfend. Es war ein toller Weg, so das Theaterleben hier kennenzulernen und mit allen Menschen am Haus eine Basis zu bekommen – von der technischen Seite bis hin zu den Künstlern aller Sparten.

Außerdem habe ich in Mannheim eine Produktion verwirklicht, in der ich selber getanzt habe, sie hieß „Triggers“. Das Stück habe ich mit ehemaligen Kollegen gemacht. Drei Tänzer, die auch schon am Kevin O’Day Ballett Mannheim waren, und ein Tänzer aus Toronto, mit dem ich schon viele Projekte gemacht habe. Es war sehr interessant, da es auf eine Weise ein generationsübergreifendes Projekt war. Zwei der Tänzer aus Mannheim sind viel jünger als wir. Sie sind in den 30ern, wir Mitte 50. Diese Produktion wird demnächst auch in Kanada aufgeführt: in Toronto, Ontario und vermutlich auch Vancouver. Es war eine interessante Erfahrung, zurück nach Mannheim zu gehen und in einem Theater der freien Szene zu performen. Beide dieser Produktionen waren tolle und erfüllende Projekte.
Woran erkennt man den Artist in Residence?
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Hoffentlich gar nicht. Für mich ist es interessant, mich so in die Situation einzufügen, dass ich unsichtbar bin. Ich bemühe mich immer, durch meine choreografische Arbeit wiedererkannt zu werden. Es ist etwas anderes, wenn man auf der Bühne steht, als wenn man choreografiert und anderen dabei hilft, sich auszudrücken. Dann geht es darum, die Leute auf der Bühne zu zeigen, nicht mich. Ich bin dann gewissermaßen inkognito. Einfach ein Teil des Theaters.

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