Ferne Klänge

Meilensteine beim zweiten Sinfoniekonzert
Unter dem Motto „Ferne Klänge“ lädt das Philharmonische Orchester Würzburg am 14. und 15. November zu einem Konzert mit Werken von Antonín Dvořák und Josef Suk ein. Unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Enrico Calesso ist der junge Würzburger Cellist Richard Verna als Solist in Dvořáks legendärem Cellokonzert zu erleben.

Antonín Dvořák war gewiss keiner, der Angst vor dem Komponieren hatte. Dennoch begegnet er seinem neuesten Projekt, einem Konzert für Violoncello und Orchester, mit einem zwiespältigen Gefühl, wie aus einem Brief an Alois Göbl hervorgeht: „Ich habe gerade den ersten Satz eines Konzerts für Violoncello vollendet!! Wundern Sie sich nicht, ich selber habe mich ziemlich gewundert und wundere mich noch, dass ich zu einem solchen Unternehmen Mut gefasst habe.“ Dieses Schreiben erreicht den Freund aus Amerika, wo der tschechische Komponist seit September 1892 lebt. Das höchst attraktive Engagement, als Direktor des National Conservatory of Music nach New York zu gehen, hatte ihn in die „Neue Welt“ geführt. Nicht nur die pädagogische Tätigkeit, sondern auch der Auftrag, eine genuine klassische Nationalmusik in Amerika zu etablieren, boten Dvořák interessante Herausforderungen. Genau dieser Auftrag durchflutet auch Kompositionen wie die Sinfonie „Aus der neuen Welt" oder das „Amerikanische Quartett". Das zwischen dem 8. November 1894 und dem 9. Februar 1895 entstandene Cellokonzert klingt derweil sehr nach Sehnsucht – Sehnsucht nach der fernen Heimat. Es soll sein letztes Werk für Orchester bleiben, und in der Tat scheint er mit diesem Spätwerk auf dem Gipfel seiner Schaffenskraft angekommen zu sein. Auch der Komponist selbst goutiert sein Konzert mit Zufriedenheit, wie aus einem Brief ersichtlich wird: „Ich sage Ihnen aufs Bestimmteste, dass dieses Konzert meine beiden Konzerte, das Violinkonzert wie das Klavierkonzert, bei weitem übertrifft.“
ROCK’N’ROLL GOES CONCERT
Es gibt Werke, die durch eingängige Themen geprägt sind. Andere wiederum erstaunen durch einen innovativen kompositorischen Ansatz. Es gibt Stücke, die entspannen das Gemüt, andere vermögen mitzureißen, wieder andere inspirieren den Hörer aufgrund ihrer harmonischen oder konzeptionellen Anlage und laden zur Analyse ein. Und dann gibt es noch jene Werke, die in ihrer Kraft, Klangschönheit und Ausdruckstiefe ganz neue Dimensionen erreichen. Dvořák Konzert ist ein solches Werk der Superlative: die Themen markant und lyrisch, die Verschmelzung einerseits und das kontrastreiche Gegenüberstellen von Violoncellostimme und Orchesterpart andererseits intensiv, die konzeptionelle Anlage überraschend. Zudem birgt der langsame Satz ein Geheimnis.
VERBORGENE BOTSCHAFT
Im zweiten Satz verarbeitet Dvořák ein romantisches Geheimnis aus seiner Vergangenheit. Während er an seinem Adagio komponiert, erreicht ihn die Nachricht, dass seine einstige geheime Liebe Josefína Cermáková im Sterben liegt. Viele Jahrzehnte zuvor, noch bevor er deren jüngere Schwester heiratete, hatte sich der Tscheche in die Schauspielerin und Sängerin unsterblich verliebt. Seine Liebe wurde allerdings nicht erwidert, und so blieb dieses Sehnen zeitlebens ungestillt. Als Reminiszenz an Cermáková greift Dvořák nun in seinem Cellokonzert auf das Lied „Lasst mich allein“ zurück, welches sie sehr mochte. Vehemenz, Stärke, Gebrochenheit, Sinnlichkeit, Sehnsucht und Virtuosität: Keine bloße Bravour zum Selbstzweck, sondern alle spieltechnische Meisterschaft verlangt stets nach dem feinen Gespür für Leidenschaft und jene allzu menschlichen Zwischentöne.

Beim zweiten Sinfoniekonzert in der Hochschule für Musik wird sich Richard Verna, im November 2017 als jüngster Preisträger mit dem Kulturförderpreis der Stadt Würzburg ausgezeichnet, dieser Aufgabe annehmen. Der 18-jährige Musiker gab sein Debüt als Solist an der Seite des Philharmonischen Orchesters bereits vor zwei Jahren mit Edward Elgars Cellokonzert. Am Pult wird Maestro Enrico Calesso zu erleben sein.
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