Der Raum und wir

Maya Tenzer über verschiedene Probenorte und Perspektiven auf eine Stadt
Voller Vorfreude richtet die Tänzerin Maya Tenzer den Blick nach vorn auf den bevorstehenden Einzug in den neuen Ballettsaal. | Foto: Nik Schölzel
In meiner ersten Spielzeit am Mainfranken Theater Würzburg, als wir mit unserer jetzigen Tanzcompagnie unter der Leitung von Dominique Dumais starteten, lud uns Markus Trabusch zu einem Begrüßungsessen zu sich nach Hause ein. Ich erinnere mich, dass ich mit ihm über die Pläne für den Bau des neuen Theaters sprach, und er sagte etwas, an das ich oft zurückdenke. Im Laufe der Jahre habe er immer wieder festgestellt, dass die Architektur und die Atmosphäre eines Gebäudes, in seinem Fall meist eines Theaters, immer eine direkte Auswirkung auf das haben, was darin passiert.
Seit 2018 habe ich das Vergnügen, hier als Tänzerin zu arbeiten. In dieser Zeit hat es unsere Tanzcompagnie an verschiedene Probenorte geführt, während wir gespannt auf das neue Theater warteten. In unserer ersten Spielzeit probten wir im MOZ, dem früheren Mozart-Gymnasium. Es war ein besonderes Gefühl, im Herzen von Würzburg zu sein. Jeden Tag, wenn ich die Arbeit verließ, hatte ich das Gefühl, in besonderer Weise in die Stadt eingetaucht zu sein, und ich dachte darüber nach, dass genau diese Menschen um mich herum vielleicht auch die Menschen waren, die in unserem Zuschauerraum sitzen. Es fühlte sich gut an, in direktem Kontakt mit dem Publikum zu sein.
Jeden Tag, wenn ich die Arbeit verließ, hatte ich das Gefühl, in besonderer Weise in die Stadt eingetaucht zu sein.
Maya Tenzer
In Versbach, wo wir derzeit arbeiten, sind wir etwas abgeschiedener an einem ruhigen und friedlichen Ort in der fränkischen Landschaft. Ich genieße den täglichen Weg zur Arbeit. Ich habe Zeit für mich, höre im Bus Musik und beobachte, wie sich die Stadt langsam zur ländlichen Natur wandelt. Wenn ich frühmorgens an der Pleichachtalhalle ankomme, bevor unser Tag beginnt, kann ich einen Moment der Ruhe erleben, ohne die Geräusche der Stadt, nur das Rauschen des Baches, der neben dem Gebäude fließt, das Rauschen des Windes in den Bäumen. Dieses Gefühl der Gelassenheit ist eine anregende Art, in den Arbeitstag zu starten. Die Halle in Versbach ist eine große, sehr gut organisierte Einrichtung, die als Sportzentrum auch ein Ort der Gemeinschaft ist, mit verschiedenen Aktivitäten und Veranstaltungen. Die Haupthalle, in der wir proben, hat eine Fläche von 425 Quadratmetern, sehr hohe Decken und Fenster, die sich zu einer Baumgruppe hin öffnen. Ich habe das Gefühl, dass ich in diesem Raum das Fliegen üben kann.
Maya Tenzer in der Tanzproduktion "Muttersprache" | Foto: Nik Schölzel
Bald aber werden wir in den neuen Ballettsaal einziehen, der gerade für uns im neuen Theatergebäude eingerichtet wird. Wir freuen uns darauf, in die Stadt zurückzukehren und in einem Raum arbeiten zu dürfen, der speziell für uns gestaltet wurde. Ein besonderes Merkmal des neuen Studios wird die riesige Glasfront sein, die es uns ermöglichen wird, das Stadtzentrum zu überblicken und sogar die Festung von unserem Arbeitsraum aus zu sehen. Die großen Fenster werden uns aber nicht nur Licht und einen schönen Ausblick bieten, sondern auch die Möglichkeit, dass Passanten auf der Straße einen Blick auf unsere Arbeit werfen können.
Die Architektur und die Atmosphäre eines Gebäudes haben immer eine direkte Auswirkung auf das, was darin passiert.
Markus Trabusch
Die ausgiebige und detaillierte Planung, die in die Konzeption und den Bau des neuen Theaters eingeflossen ist, beeindruckt mich immer wieder. Der Gedanke, dass es wichtig ist, in welchem Raum und an welchem Ort wir Theaterkünstler*innen arbeiten, erscheint mir als eine zentrale und treibende Kraft bei der Durchführung dieses ehrgeizigen Projekts, und ich bin allen Beteiligten sehr dankbar dafür. Ich denke, in einem Raum zu arbeiten, der speziell für uns entworfen wurde, wird eine motivierende Kraft sein, um unser Potenzial als Künstler*innen sowohl individuell als auch kollektiv auszuschöpfen. In gewisser Weise haben wir auch mit jedem neuen Raum getanzt, in dem wir gearbeitet haben. Jeder war ein neuer Partner, dem wir zuhörten, mit dem wir uns austauschten und den wir kennenlernten. Bald unseren Tanz mit dem neuen Theater zu beginnen, ist eine aufregende Vorstellung.
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