Vom Ring besessen

Tomo Sugao bringt Wagners „Götterdämmerung“ auf die Bühne
Seit April laufen die szenischen Proben, am 26. Mai ist es endlich soweit: Wagners monumentale „Götterdämmerung“ feiert erstmals wieder seit 115 Jahren in Würzburg und zum ersten Mal überhaupt am Mainfranken Theater Premiere!

Mit der ersten Neuinszenierung einer „Götterdämmerung“ in seiner Geschichte rundet das Mainfranken Theater die seit 2016 über drei Spielzeiten geführte Beschäftigung mit der großen historischen Oper des 19. Jahrhunderts ab. In Meyerbeers „Hugenotten“ (1835) münden unversöhnliche religiöse Spannungen im Frankreich des 16. Jahrhunderts in ein finales Massaker. Verdis „Sizilianische Vesper“ aus dem Jahr 1855 demonstriert den mörderischen Zusammenprall zweier verfeindeter Nationen. Abermals zwanzig Jahre später, im November 1874 vollendet, bringt die „Götterdämmerung“ den universalen Weltuntergang auf die Bühne und markiert zugleich das Ende der historischen Oper.

HERRSCHAFT UND MACHT

Hinter Wagners grandioser Untergangs-Vision verbirgt sich letztlich die einfache Erkenntnis, dass „eine Welt, die auf Herrschaft und Macht basiert, sich notwendigerweise selbst zerstören muss“ (Udo Bermbach). Indem Wotan seinen Speer vom Stamm der Weltesche brach und, wie es die Nornen im Vorspiel der „Götterdämmerung“ erzählen, „treu beratner Verträge Runen“ in den Schaft schnitt, ist das Ende der Tetralogie in ihrem Keim – dem Frevel an der Natur – vorgezeichnet. Siegfried begegnet Hagen, dem Sohn Alberichs, der einst den Rheintöchtern das Gold entriss, um daraus den verhängnisvollen Ring zu schmieden. Es gelingt Hagen, Siegfried und Brünnhilde durch eine Intrige zu entzweien und Siegfried zu ermorden. Der Tod des „freien Helden“ führt die „Ring“-Erzählung zu ihrem Ende, der von Brünnhilde entfachte Weltenbrand sühnt den Raub des Rheingolds.

ALLES AUF ANFANG

Für Regisseur Tomo Sugao, der die mit Spannung erwartete Produktion auf die Bühne bringt, ist Hagen der Motor der Geschichte: „Sein Vater Alberich hat ihn mit der Nibelungen- Mythologie einer Gehirnwäsche unterzogen. Hagen ist besessen vom Ring, der ihm die Weltherrschaft verspricht. Er sucht die Bestätigung seines Vaters als guter Sohn, deshalb muss er unbedingt in den Besitz des Rings gelangen.“

Nach seinen spektakulären Inszenierungen der „Hugenotten“ (2016) und John Adams’ Politoper „Nixon in China“ (2018) kehrt Sugao erneut ans Mainfranken Theater zurück. An seiner Seite zeichnen Paul Zoller für das Bühnen- und Carola Volles für das Kostümbild verantwortlich. Sämtliche Solopartien sind mit Rollendebütanten besetzt, mit so herausragenden Persönlichkeiten wie Elena Batoukova-Kerl als Brünnhilde und Guido Jentjens als Hagen an der Spitze.

DEBÜTS IN WÜRZBURG

Sie zählen zu den anspruchsvollsten Partien der gesamten Opernliteratur, beide kreisen als Gegenpole um den freien Helden Siegfried: dort die Lichtgestalt der Brünnhilde, da die Verkörperung des Bösen in Gestalt des finsteren Hagen. Elena Batoukova-Kerl fügt ihrem Repertoire – darunter zuletzt die Kundry (Parsifal) sowie die Santuzza in Mascagnis „Cavalleria rusticana“ – mit der Brünnhilde eine weitere zentrale Partie des dramatischen Sopranfachs hinzu. Gastengagements führen die junge Sängerin regelmäßig an so renommierte Bühnen wie die Wiener Staatsoper, die Deutsche Oper Berlin und die Staatsoper Hamburg, die Opéra Bastille de Paris, die Nationaloper Riga, zu den Bayreuther und Salzburger Festspielen. Dabei arbeitet sie mit Dirigenten wie Daniel Barenboim, Semyon Bychkov und Christian Thielemann zusammen.

Guido Jentjens (Hagen) war nach ersten Stationen in Düsseldorf, Augsburg, Karlsruhe und Wiesbaden Ensemblemitglied des Staatstheaters Nürnberg. Seither freischaffend tätig, führten ihn Gastengagements an die drei Berliner Opernhäuser, die Staatsoper Hamburg und die Dresdner Semperoper, nach Zürich, Linz, Paris sowie in die USA und nach Japan, um nur einige Stationen zu nennen. Sein Repertoire umfasst zahlreiche große Basspartien, von Händel und Mozart (Sarastro, Osmin) über Verdi und das italienische Belcanto-Fach zu den schweren Strauss- (Baron Ochs) und Wagner-Partien (Daland, König Heinrich, Gurnemanz, König Marke und Hunding) und zur Moderne.

Ein Wiedersehen gibt es mit Claudia Sorokina (Gutrune) und Heldentenor Paul McNamara in der Partie des Siegfried. „Manchmal kommt einem Sänger eine Rolle entgegen, die er einfach nicht ablehnen kann“, so McNamara, „so war es diesmal bei Siegfried, meiner vierten Wagner-Rolle am Mainfranken Theater. Dieses Haus hat sich über die letzten zehn Jahre zu meiner künstlerischen Heimat entwickelt, wo ich mit Freunden und unter optimalen Bedingungen mein Kernrepertoire entdecken und erweitern konnte. „Tannhäuser“, „Parsifal“ und „Tristan“ habe ich hier gesungen, dadurch gewann ich ein tieferes Verständnis für diese komplexen Charaktere und habe sogar eine gewisse Zuneigung zu ihnen entwickelt.“

Die musikalische Gesamtleitung liegt in den Händen von Generalmusikdirektor Enrico Calesso. Grundlage seiner „Götterdämmerungs“-Lesart ist die bei der Universal-Edition erschienene Neueinrichtung der Partitur von Eberhard Kloke, die das originale Riesenorchester des „Rings“ auf die Proportionen eines mittelgroßen Orchesters reduziert.

GAUMENFREUDEN

In den Pausen der „Götterdämmerung“ serviert Emanuele La Rosa Catering im Theaterfoyer eine Stärkung mit fränkischer Bratwurst, Salat und Getränken. In der einstündigen ersten Pause kann in den Bürgerspital Weinstuben in direkter Nachbarschaft zum Theater nach vorheriger Reservierung ein Auswahlmenü mit saisonalen Köstlichkeiten genossen werden. Weitere Informationen unter: mainfrankentheater.de/goetterdaemmerung.

Das Mainfranken Theater Würzburg dankt dem Richard-Wagner-Verband Würzburg- Unterfranken e.V. und der Herbert Hillmann und Margot Müller Stiftung für die großzügige Unterstützung dieser Produktion.
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