Wertheims Leiden

Kabarett trifft Oper in Mischa Spolianskys "Rufen Sie Herrn Plim!"
Am Pfingstsonntag feierte die Kabarettoper "Rufen Sie Herrn Plim!" Premiere in der Theaterfabrik Blaue Halle. Der 1932 uraufgeführte Einakter des Berliner Erfolgsduos Mischa Spoliansky-Marcellus Schiffer entführt das Publikum in die bunte Welt der Warenhäuser.

Mit Revuen wie Es liegt in der Luft (1928) und Alles Schwindel (1931) schufen Marcellus Schiffer und Komponist Mischa Spoliansky Klassiker des Berliner Unterhaltungstheaters der Weimarer Republik. Gemeinsam mit dem Prager Kabarettisten und Librettisten Kurt Robitschek konzipierten sie 1932 die Kabarettoper "Rufen Sie Herrn Plim!":
„Wir haben im Kabarett der Komiker Varieté und Kabarett geboten, Schauspiel, Lustspiel, Schwank und Operette – nun erfinden wir die Oper für das Kabarett, eine neue Kunstform, die so aussieht, wie wir sie diesen Monat darbieten. Wir wünschen nicht belehrt zu werden, dass die Oper anderen künstlerischen Grundgesetzen unterliegt. "Rufen Sie Herrn Plim!", unsere Oper, ist selbst Grundgesetz. Sie ist keine parodistische Oper, denn sie behandelt ein ernstes Thema, vielleicht in lustiger Form.“ (Robitschek)
Hinrich Horn und Silke Evers | Foto: Nik Schölzel
Bis heute hat diese einzigartige Opernkonzeption nichts von ihrer Frische verloren, weiß auch Regisseurin Annika Nitsch, die mit Herrn Plim ihre erste Regiearbeit am Mainfranken Theater vorgelegt hat: „Die Bezeichnung Kabarettoper ist etwas völlig Neues. So schafft es diese Oper auf der einen Seite, ein lustiger unterhaltsamer Abend zu sein, auf der anderen Seite steckt in diesem Werk sehr viel Ernst und Gesellschaftskritik. Anhand eines Verkäufers, der als Sündenbock für die Kundschaft herhalten muss, wird deutlich gemacht, dass die Unterdrückung von Minderheiten endlich aufhören muss. Das Thema ist heute aktueller denn je.“

Musikalisch changiert Herr Plim raffniert zwischen Oper und Operette, tänzelt von Musical und Revue zum Schlager und besingt „nicht Werthers, sondern Wertheims Leiden.“ „Mit ihren revueartigen Nummern und Männerensembles“, so noch einmal Annika Nitsch, „versetzt mich die Musik in das schillernde Berlin der 20er Jahre zurück. Auch die Texte haben einen besonderen Witz und Charme und sind nicht mit einem normalen Opernlibretto zu vergleichen.“
Mathew Habib - der "professionelle Sündenbock" | Foto: Nik Schölzel
Die letzte Plim-Vorstellung dieser Saison geht bereits am 29. Mai über die Bühne. Ein Wiedersehen mit Herrn Plim – eine Paraderolle für Tenor Mathew Habib aus dem Opernensemble des Mainfranken Theaters –, der verzweifelten Geschäftsleitung und der munteren Kundenschar um Caroline von Recklitz und Elida de Coty gibt es dann voraussichtlich wieder Ende Dezember und zwischen den Jahren. Unbedingt vormerken! 
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