Winfried Zillig (1905-1963)
Anmerkungen von Berthold Warnecke
Winfried Zillig gehört zu den heute weitgehend vergessenen Persönlichkeiten der deutschen Musikszene aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Den Zeitgenossen jedoch galt Zillig nicht nur als bedeutender Komponist, sondern auch als hervorragender Interpret (Pianist) und Dirigent, der höchste Anerkennung genoss bei Persönlichkeiten wie Erich Kleiber, dessen Assistent an der Berliner Staatsoper er 1927 wurde, und insbesondere Alban Berg, mit dem ihm bis zu dessen Tod im Jahr 1935 eine enge künstlerische wie menschliche Freundschaft verband.
Geboren in Würzburg und hier anfänglich am Konservatorium ausgebildet, wurde Zillig 1925 Privatschüler Arnold Schönbergs in Mödling, von 1926 bis 1928 dann auch in der Berliner Meisterklasse, wo Zillig sich binnen kürzester Zeit einen hervorragenden Ruf erwarb. Schönberg selbst schätzte ihn schon bald als einen seiner „wichtigsten“ und „besten“ Schüler, wie aus zahlreichen Briefen hervorgeht. Der vertrauensvolle Kontakt zwischen Lehrer und Schüler bestand auch während Schönbergs Jahren im amerikanischen Exil seit 1933 und bis zu dessen Tod im Juli 1951 fort
„Ich bin stolz auf Sie. Ich habe ja immer gewusst, dass Sie als Komponist etwas Ungewöhnliches sind. Und ich bin sicher, ohne die Kriegsjahre hätten Sie solche Anerkennung längst gefunden.“ (Brief Schönbergs an Zillig vom 3. März 1951)
Schönbergs Frau Gertrud beauftragte Zillig nach dem Tod ihres Mannes mit der Vollendung des Oratoriums „Die Jakobsleiter“, außerdem erstellte Zillig den Klavierauszug zu Schönbergs unvollendet hinterlassener Oper „Moses und Aron“.
Der Hauptgrund, weshalb der Name Winfried Zillig im Musikleben unserer Tage kaum mehr eine Rolle spielt, ist sicherlich in der komplexen Situation seines Wirkens während der NS-Diktatur der Jahre 1933–1945 zu suchen. Zillig war kein Anhänger des Nationalsozialismus, Zillig war kein Mitglied der NSDAP, gleichwohl einfaches Mitglied der Reichsmusikkammer respektive der Reichstheaterkammer. Ferner übernahm Zillig wichtige kulturpolitische Funktionen innerhalb des NS-Staates; so erhielt er kurz nach der erfolgreichen Uraufführung seiner ersten Oper „Rosse“ (Düsseldorf, 11.2.1933; Musikalische Leitung: Jascha Horenstein) eine Anstellung als Erster Kapellmeister in Essen, zur Saison 1940/41 wechselte er in gleicher Position an das Theater der Stadt Posen; dort wurde ihm im September 1941 auch der „Musikpreis des Reichsgaus Wartheland“ verliehen. Dass Zillig darüber hinaus auch die Leitung der „Fachschaft Komponisten im Gau Wartheland“ übernommen habe, „kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, ist aber zumindest sehr zweifelhaft“, so der Musikwissenschaftler Christian Lemmerich in seinem 2012 erschienen Buch „Winfried Zillig. Komponist unter wechselnden Vorzeichen“ – der umfangreichsten und wichtigsten wissenschaftlichen Studie zu Leben und Werk Zilligs.
„Das Bedürfnis nach größtmöglicher ‚Normalität‘ schlägt sich bei Zillig – wie bei den meistern Menschen in diktatorischen Systemen – in einer Bereitschaft zu aktiver Einordnung nieder, die schwerer wiegt als der Schutz des eigenen, freien Ichs. Die Ausblendung der eigenen Unterwerfung und der in unmittelbarer Nähe sich vollziehenden
Gräuel gehen dabei Hand in Hand.“ (Christian Lemmerich, 2012)
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs konnte Zillig seine musikalische Arbeit fortsetzen und verlegte sein Wirken vor allem auf dirigentische, pianistische und schriftstellerische Tätigkeiten. Von 1947– 51 war er Chefdirigent des neu gegründeten Radio-Sinfonie-Orchesters Frankfurt, wo er sich insbesondere für die während der NS-Zeit verfemten Komponisten einsetzte – neben Schönberg und weiteren Vertretern der Neuen Wiener Schule ist hier insbesondere der Name Franz Schreker zu nennen.
„Winfried Zillig starb achtundfünfzigjährig, in einem Alter, in dem bei den meisten Komponisten von Rang das Werk in festem Umriß sichtbar ist. Aber sein Tod hat etwas trostlos Trauriges, als wäre er ein junger Mensch gewesen. [...] Aber das umfangreiche Werk selbst hat etwas Fragmentarisches derart, als hätte er es noch nicht vollbracht; als läge das Beste vor ihm. Zilligs Begabung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.“ (Theodor W. Adorno, 1964)
Mit der Aufführung von Zilligs erster Oper „Rosse“ – in Kombination mit Ruggero Leoncavallos „Pagliacci“ – unternimmt das Mainfranken Theater Würzburg den Versuch einer künstlerischen Annäherung an das OEuvre Winfried Zilligs. Begleitet wird das Mainfranken Theater dabei auch vom Musikverlag Bärenreiter, Kassel, der einen Großteil von Zilligs Kompositionen sowie zahlreiche Briefe und Dokumente verwahrt.
Im Vorfeld der Premiere des Opern-Doppelabends „Rosse – Pagliacci“ am 17. Mai 2026 wird das Mainfranken Theater zudem ein Symposium ausrichten, das einerseits den Versuch einer kritischen Würdigung des Komponisten und Dirigenten Winfried Zillig unternehmen wird, andererseits den Menschen Winfried Zillig und seine Rolle und Funktion im NS-Staat wissenschaftlich beleuchten wird.
Geboren in Würzburg und hier anfänglich am Konservatorium ausgebildet, wurde Zillig 1925 Privatschüler Arnold Schönbergs in Mödling, von 1926 bis 1928 dann auch in der Berliner Meisterklasse, wo Zillig sich binnen kürzester Zeit einen hervorragenden Ruf erwarb. Schönberg selbst schätzte ihn schon bald als einen seiner „wichtigsten“ und „besten“ Schüler, wie aus zahlreichen Briefen hervorgeht. Der vertrauensvolle Kontakt zwischen Lehrer und Schüler bestand auch während Schönbergs Jahren im amerikanischen Exil seit 1933 und bis zu dessen Tod im Juli 1951 fort
„Ich bin stolz auf Sie. Ich habe ja immer gewusst, dass Sie als Komponist etwas Ungewöhnliches sind. Und ich bin sicher, ohne die Kriegsjahre hätten Sie solche Anerkennung längst gefunden.“ (Brief Schönbergs an Zillig vom 3. März 1951)
Schönbergs Frau Gertrud beauftragte Zillig nach dem Tod ihres Mannes mit der Vollendung des Oratoriums „Die Jakobsleiter“, außerdem erstellte Zillig den Klavierauszug zu Schönbergs unvollendet hinterlassener Oper „Moses und Aron“.
Der Hauptgrund, weshalb der Name Winfried Zillig im Musikleben unserer Tage kaum mehr eine Rolle spielt, ist sicherlich in der komplexen Situation seines Wirkens während der NS-Diktatur der Jahre 1933–1945 zu suchen. Zillig war kein Anhänger des Nationalsozialismus, Zillig war kein Mitglied der NSDAP, gleichwohl einfaches Mitglied der Reichsmusikkammer respektive der Reichstheaterkammer. Ferner übernahm Zillig wichtige kulturpolitische Funktionen innerhalb des NS-Staates; so erhielt er kurz nach der erfolgreichen Uraufführung seiner ersten Oper „Rosse“ (Düsseldorf, 11.2.1933; Musikalische Leitung: Jascha Horenstein) eine Anstellung als Erster Kapellmeister in Essen, zur Saison 1940/41 wechselte er in gleicher Position an das Theater der Stadt Posen; dort wurde ihm im September 1941 auch der „Musikpreis des Reichsgaus Wartheland“ verliehen. Dass Zillig darüber hinaus auch die Leitung der „Fachschaft Komponisten im Gau Wartheland“ übernommen habe, „kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, ist aber zumindest sehr zweifelhaft“, so der Musikwissenschaftler Christian Lemmerich in seinem 2012 erschienen Buch „Winfried Zillig. Komponist unter wechselnden Vorzeichen“ – der umfangreichsten und wichtigsten wissenschaftlichen Studie zu Leben und Werk Zilligs.
„Das Bedürfnis nach größtmöglicher ‚Normalität‘ schlägt sich bei Zillig – wie bei den meistern Menschen in diktatorischen Systemen – in einer Bereitschaft zu aktiver Einordnung nieder, die schwerer wiegt als der Schutz des eigenen, freien Ichs. Die Ausblendung der eigenen Unterwerfung und der in unmittelbarer Nähe sich vollziehenden
Gräuel gehen dabei Hand in Hand.“ (Christian Lemmerich, 2012)
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs konnte Zillig seine musikalische Arbeit fortsetzen und verlegte sein Wirken vor allem auf dirigentische, pianistische und schriftstellerische Tätigkeiten. Von 1947– 51 war er Chefdirigent des neu gegründeten Radio-Sinfonie-Orchesters Frankfurt, wo er sich insbesondere für die während der NS-Zeit verfemten Komponisten einsetzte – neben Schönberg und weiteren Vertretern der Neuen Wiener Schule ist hier insbesondere der Name Franz Schreker zu nennen.
„Winfried Zillig starb achtundfünfzigjährig, in einem Alter, in dem bei den meisten Komponisten von Rang das Werk in festem Umriß sichtbar ist. Aber sein Tod hat etwas trostlos Trauriges, als wäre er ein junger Mensch gewesen. [...] Aber das umfangreiche Werk selbst hat etwas Fragmentarisches derart, als hätte er es noch nicht vollbracht; als läge das Beste vor ihm. Zilligs Begabung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.“ (Theodor W. Adorno, 1964)
Mit der Aufführung von Zilligs erster Oper „Rosse“ – in Kombination mit Ruggero Leoncavallos „Pagliacci“ – unternimmt das Mainfranken Theater Würzburg den Versuch einer künstlerischen Annäherung an das OEuvre Winfried Zilligs. Begleitet wird das Mainfranken Theater dabei auch vom Musikverlag Bärenreiter, Kassel, der einen Großteil von Zilligs Kompositionen sowie zahlreiche Briefe und Dokumente verwahrt.
Im Vorfeld der Premiere des Opern-Doppelabends „Rosse – Pagliacci“ am 17. Mai 2026 wird das Mainfranken Theater zudem ein Symposium ausrichten, das einerseits den Versuch einer kritischen Würdigung des Komponisten und Dirigenten Winfried Zillig unternehmen wird, andererseits den Menschen Winfried Zillig und seine Rolle und Funktion im NS-Staat wissenschaftlich beleuchten wird.