In den Alpen

von Elfriede Jelinek
Team
Bühnen- und Kostümbild: Thurid Peine
„Wir warn die Fürsten dieser Welt und wollen es droben auch sein.“
In einer urig eingerichteten österreichischen Talstation kommt eine Menschenmenge zusammen, in bunte und auffällige Wintersportkleidung gehüllt. Über ihnen thront der Gipfel: Naturereignis und zugleich nutzbarer Freizeitpark, der unermesslichen Profit durch den Massentourismus verheißt.

Ausgangspunkt für Elfriede Jelineks Stück „In den Alpen“ ist eine Katastrophe: Die Gletscherbahn Kaprun 2 war am 11. November 2000 auf dem Weg zum Kitzsteinhorn, als sie plötzlich Feuer fing. 155 Menschen verloren bei dem Unglück ihr Leben. Nach und nach werden einzelne Stimmen hörbar, von Lebenden und Toten, Einheimischen und Fremden, Opfern und Helfern. Darunter eine, die ihre große Freude und Liebe für Skilehrer und jede Pistenparty bekennt, aber moniert, dass die Berge anders aussehen als im Prospekt. Andere, kindliche Stimmen, denken fassungslos über ihren frühen Tod nach, verwundert über die Banalität, dass alles menschliche Leben zu Staub wird. Auch die Stimmen von einheimischen Helferinnen und Helfern werden hörbar, sie berichten von der Herausforderung bei der Identifizierung von Brandopfern, begeistern sich aber mehr am wirtschaftlichen Potential der Felswände. Doch als Paul Celan, der jüdische Schriftsteller, aus einer Tür tritt, ändert sich die Atmosphäre schlagartig. Aus dem Lamento der Einzelnen über das eigene Leben wird ein gemeinsames Crescendo gegen Juden, denen das wiedererstarkte Bergvolk schon viel zu viel entgegen gekommen sei.

Die Nobelpreisträgerin erzeugt mit ihrem Text einen ergreifenden Strudel, der eine verwundete Nationalseele spiegelt; eine Wutrede über die Maßlosigkeit des Menschen, der die Natur als ihm untertan ansieht. In den Alpen verdeutlicht, dass Ausgrenzung und Größenwahn nicht nur, aber auch, inmitten der Gipfel, Berghütten und Skipässe schon immer
dazugehörten.