Würzburgs Liebe zu Mozart

oder was Mozart an Würzburg liebte
Deutschlands ältestes Mozartfest feiert in diesem Jahr sein 100. Jubiläum. Im einmal mehr vielgestaltigen Festivalprogramm zwischen Solorezital und Sinfoniekonzert, zwischen Klassikumschau und Crossover-Setting gestaltet das Philharmonische Orchester unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Enrico Calesso zwei zentrale Abende: Die Nachtmusik am 4. Juni im Hofgarten der Residenz und das Sinfoniekonzert am 17. Juni im Kaisersaal.

Mozart und Würzburg 

Die Verbindung zwischen der schönen Stadt am Main und dem Wiener Klassiker reicht weit zurück in die Geschichte und nimmt ihren Ausgang am 1. April 1751. Mozartkenner werden jetzt aufhorchen! Wie kann die Verbindung zwischen Mozart und Würzburg denn vor dessen eigentlicher Geburt am 27. Januar 1756 liegen? Am besagten 1. April 1751 erblickte ein Knabe das Licht der Welt, der Mozarts Leben entscheidend prägen sollte – ohne dass er das beabsichtigt hatte. Er, Joseph Lange, der Würzburger, der in jungen Jahren mit allerlei Talent nach Wien ausgezogen war, schnappte doch tatsächlich Wolfgang Amadeus Mozart seine geliebte Aloisia Weber weg. Nun ja: Im eigentlichen Sinne weggeschnappt hat er sie ihm nicht. Vater Leopold Mozart und die eigentliche Angebetete hatte bei der missglückten Partnerwahl ein gehöriges Wörtchen mitgeredet. Wie dem auch sei – Mozart fand wenig später sein Glück mit Aloisias Schwester Constanze.

Musikgenuss im Kaisersaal | Foto: Oliver Lang

Oben: Impressionen der Nachtmusik im Hofgarten der Residenz | Foto: Christian Schwab
Soll es das nun gewesen sein, ein Würzburger, der Mozart die Frau wegheiratete? Fatal! Würzburg hat mehr zu bieten. Es liegt sehr zentral und wer vom Süden in Richtung Norden reist, der kommt manchmal gezwungenermaßen durch die Mitte. So geschehen im Jahr 1790, als Wolfgang Amadeus Mozart auf dem Weg von Wien nach Frankfurt in Würzburg einen Kaffee getrunken haben soll. Nur wo? Die Auswahl an mondänen Cafés war ohne Zweifel  überschaubar. Das Städtchen steckte Ende des 18. Jahrhunderts noch in den Kinderschuhen, aber offensichtlich fand Mozart Zeit für eine gepflegte Vesper, wie er in einem Brief an seine Frau Constanze – nicht Aloisia – berichtet: »Liebstes bestes Herzens-Weibchen. Zu Würzburg haben wir unsern theuern Magen mit Kaffee gestärkt, eine schöne prächtige Stadt.«

Neben dieser zarten ersten und letzten Begegnung und der durch einen gebürtigen Würzburger vereitelten Liebe gibt es aber noch eine sehr patente und langjährige Beziehung zwischen dem Wiener Meister und der Mainmetropole. 
Das hiesige Mozartfest. Wo andere Städte ein Geburtshaus oder sonstige Wirkungsstätten vorweisen können, reicht Würzburg eine Tasse Kaffee, um daraus eine tiefe und ehrliche Liebe zu Mozart zu generieren. Freilich startete das Mozartfest 1921 zunächst als Residenzfest, aber schon im Folgejahr deklarierte sein Gründer Herrmann Zilcher die Festwoche als Mozartfest und manifestierte hiermit den expliziten Bezug zu Wolfgang Amadeus Mozart als Nukleus des Klassikfestivals. Im Sommer 2021 feiert das Würzburger Mozartfest sein 100-jähriges Bestehen. Als ältestes Mozartfest Deutschlands blickt die Klassikreihe auf eine reiche Vergangenheit und unzählige Glanzlichter am Konzertfirmament zurück. Jahr um Jahr konzertieren internationale Solisten, Dirigenten, Ensembles und Orchester im Rahmen von nunmehr 70 Veranstaltungen in den historischen Mauern der Würzburger Residenz und
vielen Orten in Würzburg und Umgebung. 
Liebstes bestes Herzens-Weibchen. Zu Würzburg haben wir unsern theuern Magen mit Kaffee gestärkt, eine schöne prächtige Stadt.
Mozart an seine Frau Constanze (1790)
Heimspiel 

Nach monatelangem Konzertnotstand ist es am 4. Juni endlich wieder soweit. Im Rahmen des Mozartfestes spielt das Philharmonische Orchester Würzburg bei der Nachtmusik wieder ein richtiges Konzert. Bei dem Open-Air Konzert im Hofgarten ist traditionell ein Werk gesetzter Programmpunkt: Mozarts Serenade in G-Dur KV 525 mit dem namensgebenden Titel „Eine kleine Nachtmusik“. Der musikalische Streifzug wartet an diesem Abend noch mit Beethovens Ouvertüren zum Trauerspiel Coriolan in c-Moll op. 62 sowie der Ouvertüre zu Egmont auf. Mit dem Konzertstück für vier Hörner und Orchester in F-Dur op. 86 kommt mit Robert Schumann ein großer Beethoven-Bewunderer musikalisch zu Wort. Ein galanter Blick an die Schwelle ins 20. Jahrhundert gelingt mit der Streicherserenade des Briten Edward Elgar, der die Programmzusammenstellung für das Konzertieren von Orchester, Hornisten und anwesenden Singvögeln komplettiert.

Dem Hornquartett german hornsound, welches sich 2010 aus vier ehemaligen Studenten der Hornklasse von Christian Lampert an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart gründete, ist es gelungen, sich durch sein außergewöhnliches Profi l einen internationalen Namen zu machen. Christoph Eß, Sebastian Schorr, Stephan Schottstädt und Timo Steininger haben in den vergangenen Jahren mit vielen namhaften Orchestern musiziert. 
Beim Mozartfest 2021 geben die vier ihr Debüt an der Seite des Philharmonischen Orchesters unter der  musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Enrico Calesso. Ein anregender und unvergesslicher Abend im Hofgarten (bei entsprechender Witterung) oder in der Ausweichspielstätte (Konzertsaal der Hochschule für Musik) ist garantiert.
Das Hornquartett "german hornsound"
v.l.: Stephan Schottstädt, Christoph Eß, Timo Steininger und Sebastian Schorr | Foto: Martin Jehnichen
Gleichermaßen virtuos und feinsinnig ist auch das Programm beim zweiten Konzert der Würzburger Orchestermusiker beim Mozartfest. Eingerahmt zwischen zwei klangvolle Werke aus der Feder des Festival-Patrons – die Ouvertüre zu Idomeneo, re di Creta sowie die Sinfonie in g-Moll KV 183 – erklingt mit Sergej Prokofjews Sinfonie Nr. 1 eine explizite
kompositorische Auseinandersetzung mit dem Prinzip der klassischen Sinfoniestruktur und dem Vorbild Mozart aus dem Blickwinkel des 20. Jahrhunderts. Als Solistin der Fantasie für Viola und Orchester des Mozart-Schülers Johann Nepomuk Hummel musiziert einmal mehr eine Ausnahmekünstlerin an der Seite des Philharmonischen Orchesters Würzburg: Tabea Zimmermann gilt als eine der herausragendsten Bratschistinnen weltweit, die ihr Debüt beim Mozartfest Würzburg bereits im Jahr 1988 gab. Die Wiedereinladung von Mozartfest-Intendantin Evelyn Meining hat sie für das Jubiläumsjahr gerne angenommen. 
Bratschistin Tabea Zimmermann | Foto: Marco Borggreve
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